Jonglieren zwischen den Kulturen
Der Kulturkreis Hösel ist als Kulturverein nicht nur an bildender und darstellender Kunst, an Museen, Ausstellungen, Schauspielen, in- und ausländischen Kulturregionen, technologischen Entwicklungen interessiert, sondern auch daran, was für verschiedene Trends sich im gesellschaftlichen Zusammenleben abzeichnen und an Bedeutung gewinnen. „Dazu gehört im umfassendesten Sinne auch, den Standards und Entwicklungen von Unternehmenskulturen und den Kulturen der Unternehmenskommunikationen nachzuspüren.“ so Wolfram Brecht, Vorstandsvorsitzender und -sprecher des Kulturkreises. „Denn nichts geschieht in unserer Gesellschaft isoliert, sondern immer in Interdependenzen, in gegenseitiger Beeinflussung.“ so Brecht weiter. Ganz bewusst interessiert sich der Kulturkreis daher auch für Unternehmen der Region, und zwar, um Profile von Unternehmenskulturen und deren Eigenarten kennenzulernen. Das Thema wird der Kulturkreis weiter systematisch verfolgen. So hat der Kulturkreis kürzlich Mitsubishi Electric Europe B.V., Ratingen, besucht. Das Thema war hier: „Jonglieren zwischen den Kulturen“. Die Beteiligung war überwältigend. Über 50 Teilnehmer kamen, um sich durch das Unternehmen und seine Produktwelt und seine Geschichte führen zu lassen und dann zu erfahren, welche Probleme, zum Teil aber auch amüsante Begebenheiten des Unternehmenslebens in Führung und Mitarbeiterschaft in einem japanisch geprägten Unternehmen auftreten. Die Teilnehmer wurden sehr warmherzig von der Unternehmensleitung empfangen. In launiger und äußerst sympathischer Weise wurde den Anwesenden deutlich, wie manches Mal – nach deutschen Gewohnheiten – skurill, aber auch sehr strikt Unternehmensführung aussehen kann. Entscheidungen im Mutterland des Unternehmens werden in der Regel nach einigen internen Diskussionen voller Überzeugung bestandsfest gefällt, und nach dem „Go“ wird der örtlichen Führung in der Umsetzung voll vertraut. Es findet keine kleinteilige Kontrolle statt. „Deutsche Bürokratie wird da beim Umsetzen manchmal als kontraproduktiv erlebt.“ so der vortragende Gregor Jennen von der Unternehmensleitung schmunzelnd. Auf den externen Betrachter wirkt das Zusammenspiel in dem Unternehmen sehr menschlich, von großer Höflichkeit und Respekt auf allen Ebenen geprägt. Kulturelle Gewohnheiten, die dort gelten und hier nicht beachtet werden, können katastrophale Folgen haben. An einigen Beispielen wurde das deutlich: an den Ritualen des Austausches von Visitenkarten, an dem respektvollen Umgang miteinander und an den Direkt- bzw. Indirektheiten beim Ansprechen von Anliegen. Beispiel Visitenkarten: erhält man von einer Gruppe von Japanern Visitenkarten und breitet diese nicht vor sich geordnet aus, sondern steckt sie – wie viele es in Deutschland gewohnt sind – in die Tasche, dann läuft die weitere Beziehung ins Leere. Denn das wird als zutiefst respektlos empfunden. Japaner, die nach Ratingen kommen, werden ihrerseits mit deutschen Gewohnheiten vertraut gemacht. Es wurde durch den Firmenbesuch so sehr deutlich: interkulturelle Kommunikation und Geschäftsabschlüsse können dann erfolgreich funktionieren, wenn man vor dem ersten Kontakt viel über die jeweiligen Gewohnheiten und Denkweisen des Gegenüber gut informiert ist und in sein Handeln einbezieht. Das gilt selbstverständlich gegenseitig. Der Besuch war darin ein hervorragende Lehrstunde. So erlebte die Besuchergruppe während der Führung und des Vortrags ein sehr lebendige hochinteressierte Diskussion, die im anschließenden Get Together bei Imbiss und kalten Getränken lebhaft forgesetzt wurde. Georg Jennen lobte abschließend die große Diskussionsfreude. Dieser Besuch war ein motivierender Start und „hat sich sehr gelohnt. Bitte fortsetzen!“, war das einhellige Urteil. Ratingen und Umgebung haben da noch Einiges zu bieten.